Chronik der Freiwillige Feuerwehr Göhren

Geboren aus der Notwendigkeit, eigenes und nachbarschaftliches Hab und Gut vor Feuer zu schützen, wurde die Freiwillige Feuerwehr Göhren am 05.03.1900 als Verein gegründet. Dies bedeutet Hunderte von Feuerwehrleuten über Generationen, Tausende von Einsätzen, Millionen freiwilliger Stunden im Dienste des Schutzes der Gemeinde.

 

Nicht die Uniform macht den Feuerwehrmann, sondern der Kern, den sie einhüllt“

 

Zitat von Herrn Noak, Hauptmann der Binzer Feuerwehr, auf der Gründerversammlung der Feuerwehr Göhren. Bevor die Freiwillige Feuerwehr Göhren gegründet wurde, waren die Einwohner Göhrens im Brandfall auf die nachbarschaftliche Hilfe angewiesen; mit Eimern aus Leder, Segeltuch oder gefirnisstem Hanf versuchte man, Brände mit Brunnenwasser zu löschen.

 

Nachdem aber auch in Göhren die Entwicklung zum Badeort einsetzte und man von Jahr zu Jahr mehr Badegäste erwartete, war es nur noch eine Frage der Zeit, wann man Binz nacheiferte und selbst an die Gründung einer Feuerwehr dachte.

 

Hauptmann Noak aus Binz, der zur Gründung der Göhrener Wehr geladen war, führte hierzu folgendes aus:

 

„Besonders in den Badeorten ist eine Feuerwehr nötig, da die Fremden ihre mitgebrachten, mehr oder minder wertvollen Sachen nicht versichert hätten. Gewiss ist es doch jedem Hausbesitzer dringend erwünscht, dass bei einem kurz vor der Saison ausbrechenden Brande ein Umsichgreifen des zerstörenden Elementes durch eine Wehr möglichst verhindert wird. Vorkehrungen zu treffen genügt nicht, es muss eine organisierte Einrichtung geschaffen werden.“

 

Dass dies den zahlreich Erschienenen einleuchtete, beweist die sofortige Gründung noch am selben Abend. Die besondere Bedeutung Göhrens als Badeort beweisen auch die Berufe der Gründungsmitglieder – zumeist Villen- und Hotelbesitzer – aber auch ein Kaufmann, ein Arzt und ein Bauunternehmer. Am Gründungsabend unterzeichneten 26 aktive und 5 passive Mitglieder die Verpflichtung auf zwei Jahre Feuerwehrmitgliedschaft.

 

In der Folgezeit bewiesen die Mitglieder, dass sie ihre Aufgabe sehr ernst nahmen, in kürzester Zeit fanden erneute Besprechungen zu Ausrüstungsgegenständen, Deckung der Anschaffungskosten und Ausbildung der Feuerwehrmänner statt. Auch hier standen die Kameraden der Binzer Wehr hilfreich zur Seite.

 

Im Oktober 1900 wurde als Übung ein Scheinfeuer in Baabe markiert, laut „Rügenschem Kreis- und Anzeigenblatt“ war die Göhrener Wehr nach Alarmierung in wenigen Minuten mit Wasser- und Mannschaftswagen am Treffpunkt, auch der gerade angeschaffte Rettungsschlauch bewies seine Eignung. Den ersten Ernstfall gab es im November 1900 in Middelhagen bei Fam. Leidecker. Die telefonisch informierte Göhrener Wehr war laut Zeitungsbericht in „kürzester Zeit“ zur Stelle, so dass nur ein Teil des Dachstuhls zerstört wurde, aber sämtliches Mobiliar gerettet werden konnte.

 

Nach Auswertung des Brandes wurde noch im selben Monat beschlossen, die Ausrüstungsgegenstände um zwei Mannschaftsleitern zu vermehren. Dass die Feuerwehrleute aber nicht nur Brände bekämpfen, beweisen die Zeitungsberichte aus dem Jahre 1901; so wurde z.B. auch ein Dieb in das Spritzenhaus eingesperrt, woraus er allerdings wieder entweichen konnte. Weiterhin waren die Binzer und Göhrener Feuerwehren maßgeblich an der Suche und Verhaftung des Kindermörders Teßnow beteiligt, ein Fall, der auch in die Kriminalgeschichte einging.

 

Großes Augenmerk richtete man bereits in den Anfangsjahren auf die Ausbildung der Feuerwehrleute, so wurden einerseits in der Gemeinde Veranstaltungen zur Weiterbildung durchgeführt, aber anderseits auch in größerem Rahmen, wie z.B. auf der Verbandstagung des Rügenschen Feuerwehrverbandes 1903.

 

Ebenfalls 1903 beschloss die Gemeindevertretung Göhren, den Bau der Landungsbrücke am Nordstrand zu verschieben und dafür lieber 600 RM für den Bau eines Steigerturmes für die Feuerwehr zu genehmigen. Dies zeigt uns ganz besonders die Wertigkeit, mit der man die Freiwillige Feuerwehr Göhren einschätzte.

 

Das 1908 bestätigte Ortsstatut regelt die Hand- und Spanndienste, da man bei ausbrechendem Brande immer auf zur Verfügung gestellte Pferdefuhrwerke angewiesen war. So gab es zum Beispiel Prämien für das zuerst erscheinende Gespann.

 

Die Feuerwehr des Ostseebades war als Verein natürlich auch gezwungen, sich Geldmittel zur Existenz zu sichern. So wurden jährliche Sammlungen durchgeführt, ab und an gab es einen Zuschuss aus dem Gemeindehaushalt. Man führte Veranstaltungen durch, bei denen von den Gästen ein Obolus entrichtet wurde. Hier wurden die Feuerwehrkameraden auch selbst aktiv, gestalteten „lebende Bilder“, luden sich Referenten zu bestimmten Themen ein, wobei man darauf achtete , dass die Themen vor allem die Kurgäste interessierte, da man ebenso auf die Spenden der Kurgäste angewiesen war. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die jährlichen Stiftungsfeste, Konzerte und andere Festivitäten, die die Feuerwehr organisierte. Um keinen der Hotelbesitzer zu bevorzugen, wurden jährlich die Vereinslokale gewechselt, damit auch jeder der Hotelbesitzer bei evtl. Festivitäten – die sehr rege besucht wurden – mitverdienen konnten.

 

Zur Mittelbeschaffung für die Feuerwehr gab es vom damaligen Wehrleiter 1921 einen ganz besonderen Appell und zwar in Form eines Zeitungsartikels. Doch nicht nur für die Ausrüstung musste Geld beschafft werden, sondern auch für die Aus- und Weiterbildung der Kameraden, so zeigt uns ein Brief der Pommerschen Feuersozietät Stettin, dass sie durchaus Interesse an ausgebildeten Feuerwehrleuten hatten.

 

1931 war ein sehr erfolgreiches Jahr für die Göhrener Wehr. Nicht nur, dass im Februar 1931 die langersehnte „ Magirus-Patentleiter“ – die übrigens noch heute liebevoll von den Kameraden betreut wird – angeliefert wurde, auch die 24. Verbandstagung des Rügenschen Kreisfeuerwehrverbandes fand im September in Göhren statt.

 

Zu diesem Anlass wurde auch eine Angriffsübung am „Kurhaus“ durchgeführt, die wie folgt ablief:

 

Saison, trockenes Wetter, Wind NW, auffrischend
 

  Angriffstruppe - Freiwillige Feuerwehr Göhren, zwei Züge, 44 Mann
Brandleitung - Oberbrandmeister Köpke
1.Zug: Führer - 1. Brandmeister E. Kliesow, ein Obersteiger und 20 Mann
  Geräte - eine mechanische Leiter (16 m), ein Standrohr, 60 m, 44er Hanfschlauch, 16 m 52er gummierter Schlauch, ein Strahlrohr in Reserve: eine Handdruckspritze, 50 m, 44er Hanfschlauch, ein Strahlrohr und zwei Hakenleiter
2.Zug: Führer - 2. Brandmeister C. Pielahn, ein Obersteiger und 10 Mann
  Geräte - ein Hydrantenwagen, ein Standrohr, 140 m 44er Hanfschlauch, ein Zwei-Wege-Hahn, zwei Strahlrohre, eine Anstellleiter (5 m), zwei Hakenleitern, ein Rettungsschlauch und drei Rauchmasken

 

Motiv:

In einem Zimmer der zweiten Etage wohnen zwei junge Leute (Kurgäste), diese haben sich von dem Zimmermädchen ein elektrisches Bügeleisen geliehen, um ihre weißen Strandhosen aufzubügeln. Da nun das Eisen, welches sie auf ein Ruhebett gestellt haben, nur langsam heiß wird, legen sie sich auf ihre Betten und schlafen ein. Das Eisen überhitzt sich und setzt das Ruhebett in Brand. Beide bemerken nichts von dem Unheil. In demselben Flügel der dritten Etage wohnt ein anderer Kurgast, dieser merkt den Vorfall – kann aber, da die Korridore schon sehr mit Rauch gefüllt sind – nicht über diese das Treppenhaus erreichen. Aus diesem Grunde schreit er aus dem Fenster um Hilfe.

 

Im Kaufhaus L. Meyer befindet sich das Feuerwehrkommando und wird von hier nun die Wehr alarmieren.

 

Der erste Löschzug trifft zuerst ein. Die mechanische Leiter wird ausgezogen und mit dieser der junge Mann aus seiner bedrängten Lage befreit.

Da nun noch nicht festgestellt werden kann, wieweit das Feuer in das Dachgeschoss vorgedrungen ist – vielleicht die Flamme durch das Dach schlägt – erhält Obersteiger Müller Befehl, mit der Handdruckspritze das Wirtschaftsgebäude, welches gerade in der Windrichtung liegt, zu schützen.

 

Das Wasser für die Spritze wird aus einem Kübel entnommen (im Ernstfall aus dem Brunnen, der sich auf dem Hof des Landwirts Brandt befindet). Das Wasser zur Speisung der Schlauchleitung der mechanischen Leiter wird aus einem Unterflurhydranten in der Katharinenstraße genommen. Inzwischen ist auch der zweite Löschzug angerückt. Dieser legt die Schlauchleitung vom Unterflurhydranten in der Strandstraße, geht mit dieser bis zum Haupteingang. Hier wird der Zwei-Wege-Hahn eingefügt und von hier mit einer Leitung in das Treppenhaus vorgegangen.

 

Inzwischen ist ein Leitergang zu dem wirklichen Brandherd hergestellt und wird von diesem aus der zweiten Schlauchleitung Wasser gegeben. Der zweite Obersteiger und ein Steiger – beide mit Rauchmasken ausgerüstet und von einem Steiger angeseilt – erreichen kriechend das brennende Zimmer, hier finden sie die beiden jungen Leute noch schlafend vor.

 

Der Obersteiger gibt mit seiner Hupe das Signal MENSCHENLEBEN IN GEFAHR!

 

Der Rettungsschlauch wird angebracht und beide gerettet. Nach kurzer Wassergabe ist der Brand gelöscht.

 

Leider sind aus den 40er und 50er Jahren kaum Schriftstücke erhalten, so dass wir diesen Zeitabschnitt nicht komplett beschreiben können. Überliefert ist, dass in den 50er Jahren auch Frauen in die Freiwillige Feuerwehr eingetreten sind. Zu den Maiumzügen trat die Feuerwehr stets in Uniform an (Anfang 50er Jahre).

 

In den 60er Jahren gab es nicht nur Einsätze der Feuerwehr, im Mittelpunkt der Arbeit stand vor allem die Verhütung desselben. So wurden in Privathaushalten und Ferienheimen Brandschutzkontrollen durchgeführt, die bis 1964 unter der Regie des Volkspolizeikreisamtes – Abt. Feuerwehr – lief. 1964 wurde dies mit ausführlichen Protokollen durch das VPKA – Abt. Feuerwehr – in die Eigenverantwortung der örtlichen Wehren abgegeben. Obwohl die Protokolle der Brandschutzkontrollen nach wie vor an das VPKA gingen, mussten die Kontrollen durch die Kameradinnen und Kameraden der Göhrener Wehr durchgeführt werden, was personell abgesichert werden musste. Neben den über 70 Haushalten wurden auch ca. 15 Ferienheime, das Urlauberdorf, 2 Altersheime, die Fischereiproduktionsgenossenschaft und die Gasabfüllstation betreut. Für größere Objekte mussten in Absprache mit dem VPKA Alarm- und Evakuierungspläne ausgearbeitet werden, die z.T. noch vorhanden sind.

 

Zu 90 % gab es Mängel bei den Ofenheizungen, bzw. Kohleherden, was die besondere Bedeutung dieser Kontrollen beweist, hier wurde so mancher Brand schon im Vorfeld verhindert.

 

Die 70er Jahre sind eine ganz besondere Zeit in der Geschichte der Feuerwehr, da es im Vergleich zu den anderen Zeitepochen die meisten und folgenschwersten Brände gab. So brannte 1972 die örtliche Kaufhalle nieder, da sich Feuerwerkskörper entzündet hatten, die das Brandgeschehen beschleunigten. Durch Brandstiftungen in 18 Fällen wurde die Einsatzkraft der Wehr auf eine harte Probe gestellt, wobei die Brände z.T. auch großen Schaden in der Gemeinde anrichteten.

 

Zum 80-jährigen Jubiläum wurde eine Übung am Haus „Min Hüsing“ durchgeführt, wobei ein Verletzter gerettet werden musste.

 

Die rege vorbeugende Tätigkeit der Kameradinnen und Kameraden der Göhrener Wehr ist in den 80er Jahren hervorragend dokumentiert, es wurden weiterhin Brandschutzkontrollen durchgeführt. Im Gegensatz zu den 60er Jahren gab es aber viel mehr Objekte, die beachtet werden mussten, wie ein Bericht von 1988 zeigt. Von besonderer Bedeutung aber war die Kinder- und Jugendarbeit. Es wurden Havarieübungen in der Schule geleitet, es gab die Arbeitsgemeinschaft „Junge Brandschutzhelfer“, die rege besucht wurde. 1985 errang die Wehr den Titel „Vorbildliche Freiwillige Feuerwehr“. Ebenso wie in früheren Jahrzehnten waren die Festivitäten der Feuerwehr sehr beliebt, so gab es den Lumpenball, die Frauentagsfeier, die Maifeier und vieles andere mehr.

 

Das letzte Jahrzehnt vor der Jahrtausendwende weist wiederum viele Besonderheiten auf, die Brandschutzkontrollen fielen weg, neue Aufgaben, wie der Katastrophenschutz und die Wasserrettung kamen hinzu, aber die Hauptaufgabe – der Schutz vor Feuer – bleibt nach wie vor bestehen.

 

In den zehn Jahren gab es zwei größere Brände, die in der Geschichte der Feuerwehr Beachtung finden müssen, der erste war im Januar 1995, der Brand des Mehrfamilienwohnhauses „Göhrener Hof“ in der Berliner Straße, wobei Schlimmeres verhindert werden konnte. Der zweite Brand, 1997 – „Haus Buskam“ in der Katharinenstr. – ging nicht so glimpflich aus, hier gab es durch Selbstverschulden ein Brandopfer.

 

Am 4. September 1994 wurde die Jugendfeuerwehr Göhren gegründet und erfreut sich seitdem über rege Beteiligung und Erfolge. So wurde 1999 zum 5jährigen Bestehen der Jugendfeuerwehr der Ostseepokal ins Leben gerufen und durch geführt.

 

Das letzte Jahr vor der Jahrtausendwende brachte der Freiwilligen Feuerwehr des Ostseebades die verdiente Würdigung ihrer aufopferungsvollen, 99 Jahre währenden Tätigkeit im Dienste der Gemeinde. So wurde im Oktober 1999 ein neues Einsatzfahrzeug geliefert, um die Arbeit der Kameradinnen und Kameraden der Wehr auf hohem Niveau weiterführen zu können. Nicht zuletzt ist dies auch ein Ansporn für die Mitglieder der Jugendwehr, da sie nun auf dem IFA W 50 trainieren können, um irgendwann vollen Einsatz auf dem neuen Fahrzeug zu zeigen.

 

Historische Daten

05.03.1900 Gründerversammlung der Freiwilligen Feuerwehr Göhren

  • Wehrleiter 1900 – 1919 H. Brunst
  • 1919 - 1945 Bm. Köpke
  • 1945 - 1947 Bm. Pielahn
  • 1947 - 1949 Bm. Kähler
  • 1949 - 1982 Bi. Parchow
  • 1982 - 1999 Hbm. Sossna
  • 1999 - 2010 Obm. Schediwie
  • 2010 - 2011 Bm. Klatt
  • 2011 - 2017 Obm. Hoch
  • 2017 -           Bm. Schülke

 

Technik

Handdruckspritze, Wasser- und Mannschaftswagen (Pferdebespannung)

  • 1900 Rettungsschlauch
  • 1931 Mechanische Leiter (Magirus)
  • 1942 – 1955 Motorspritze TS/8
  • 1950 – 1962 Horch H 3
  • 1962 – 1965 Granit 25
  • 1965 – 1967 Granit 27 (selbstaufgebaut)
  • 1966 – 1981 IFA S 4000
  • 1981 IFA W 50 – noch vorhanden und im Einsatzdienst
  • 1991 Mercedes LF 16/TS
  • 1999 FGL Metz LF 16/12
  • 2001 – 2016 MTW (Ford)
  • 2016 MTW (VW Transporter)

 

Gerätehaus

  • 1900 – 1901 Polizeihaus
  • 1901 – 1992 Thiessower Straße
  • ab 1992 Max-Dreyer-Straße